Inmitten einer traumhaften Landschaft lebt Jenny Marley die Leiterin einer Ranch zusammen mit ihren Freunden. Doch dass sie dabei noch so manch unverhoffte Ereignisse erleben darf, hätte sie nie gedacht. Bei einem Waldausritt kommt ihnen ein schwarzer Hengst entgegen, der besitzlos erscheint und dann treffen sie auf ein wundersames Einhorn. Es deutet alles darauf hin, dass der schwarze Hengst eine Verbindung zu dem Einhorn hat. So kommt auch noch eine Turnierteilnahme hinzu. Doch nicht nur das Turnier läuft ganz normal ab. Als sie darauf am See landen, erwartet sie etwas Unerfreuliches. Das Einhorn liegt bewegungslos auf dem Boden und Jenny und ihre Freunde können sich das nicht erklären. Als dann auch noch eine fremde Person auftaucht und Unheil anrichtet, droht die Sache zu eskalieren und nicht nur das Leben des Einhorns auf dem Spiel zu stehen. Verzweifelt hoffen sie auf das Gute…
Hinweis: Um die Geschichte einfacher lesen zu können, habe ich die einzelnen Kapitel in Abschnitte unterteilt.
Kapitel 1 :
Die Sonne ging auf. Der Tag begann in langsamen Zügen. Stella, eine Palomino Dream Horse Stute, schüttelte ihre Mähne und sah in den Sonnenaufgang. Sie stand mit den anderen sieben Pferden auf dem Platz und wartete auf ihr Futter. Wie jeden Morgen befand sie sich vor dem Gatter und spielte mit dem Türriegel herum. Die Versuche ihn zu öffnen, blieben jedoch vergebens. Im selben Moment stand auch Jenny, eine vierundzwanzigjährige Frau auf. Sie war die Leiterin der Ranch. Bereits seit einiger Zeit besaß sie die Pferde. Früher lebte sie einzig mit ihrer Mutter hier. Sie begann mit ihrem Alltag. Als sie das Bad betrat, kämmte sie zuerst ihre langen mittelblonden Haare. Für Jenny dauerte es immer eine Ewigkeit, bis sie aus dem Bad wieder herauskam, doch heute dauerte es, wie jedes Mal, nur fünf Minuten. Sie betrachtete sich im Spiegel. Ihre Haare glänzten und ihr Pony war inzwischen so lang gewachsen, dass man ihre grünen Augen darunter kaum noch erkennen konnte. „Ich müsste mir die Haare bald wieder ein wenig schneiden. Sie sind zu lang“, dachte sie und nach einem ordentlichen erneuten Bürsten, verließ sie das Bad auch wieder. Nachdem sie fertig war, betrat sie noch einmal ihr Zimmer. Dort zog sie sich eine Jeans und ein hellblaues Hemd an. Zum Schluss setzte sie sich ihren schwarzen Westernhut auf. Dies war ihre alltägliche Kleidung auf der Ranch, welche ihr bereits viele Dienste erfüllt hatte. Während sie ihr Zimmer verließ, wanderte sie an den Zimmern ihrer Freunde vorbei. Im Haus der Ranch lagen fast alle Zimmer hintereinander, außer, dass sich ein großes von ihnen oben im Dach befand. Der Aufbau erinnerte an eine kleine Villa, lediglich das Aussehen ließ dies nicht vermuten. Jenny ging die alte Treppe hinunter, ging hinaus und folgte dem Weg über den Hof entlang zu den Pferden. Ihre Mitbewohner würden ebenfalls bald erscheinen.
2
Die Stute Stella wieherte freudig, als ihre Besitzerin kam. Das Pferd freute sich jeden Morgen darauf, wenn sie Jenny kommen sah, denn schließlich bedeutete es dann auch leckeres Futter. Alle Pferde standen heute auf dem großen Reitplatz. An manchen Tagen, waren sie im Unterstand untergebracht ohne Zugang nach draußen, doch bei diesem schönen Wetter und klaren, guten Nächten, ließ sie ihre Pferde draußen. Nicht nur der Reitplatz war sehr lang. Jenny besaß auch vier Wiesen, welche um die ganze Ranch liefen. Dies war auch sehr günstig für sie, damit hatte sie nie Probleme, dass ihre Tiere zu wenig Auslauf oder Futter hätten. Somit sparte sie sich auch etwas Geld. Stella legte ihren Kopf auf das Gatter, während ihre Besitzerin das Futter aus dem Stall holte. Der Stall war sehr lang und wurde in drei Bereiche aufgeteilt: In eine Futterkammer, wo Pellets und auch mal Möhren oder getrocknetes Brot aufbewahrt wurde. In der Sattelkammer wurden die Trensen und Sättel der Pferde aufbewahrt. In dem Stallraum fanden sich die Putzkästen in einem Schrank wieder, wobei jede auch ihren eigenen Platz hatte. Die Halfter und Führstricke hingen an der Wand, wenn man den Stall betrat und in einem Regal lagen die Longen, ein paar Leckerlis und Pflegemittel für Pferd und Zaum. Jenny achtete immer darauf, dass sich alles an Ort und Stelle befand. Unordnung würde ihr so manches zusätzlich erschweren. Sie kam mit zwei vollgefüllten Eimern Pferdemüsli wieder. Dies gab den Tieren Energie und Wärme für den Morgen. Noch dazu hatte es einen angenehmen Geschmack für die Pferde. Stella scharrte aufgeregt mit dem Huf. Jetzt wurden auch die anderen Pferde neugierig, brummten freudig und warfen die Blicke zu ihrer Besitzerin. Diese öffnete das Gatter und ging zu den Futtereimern, welche im Unterstand standen. Langsam folgen ihr die Pferde. Der Unterstand war von drei Seiten aus geschlossen, damit die Tiere auch bei Wind und Wetter gut geschützt waren. Er hatte eine große Stalltür, wo zwei Pferde nebeneinander durchpassten, zwei Fenster und er lag am Ende des Platzes. Fast zwanzig Meter war er lang und er war sehr stabil und gut eingerichtet. Die hungrige Dream Horse Stute war am Schnellsten von den Anderen gekommen und stürzte sich auf das Futter. „Stella, du sollst doch nicht immer alles verschlingen“, ermahnte Jenny sie, als das Pferd einen kleinen Pelletsberg verlor. „Das geht wohl so lange bis du dich eines Tages verschluckst und etwas daraus lernst.“ Die Stute sah sie unter ihrer langen, schneeweißen Mähne an und warf ihr einen Pellet zu. „Das ist aber nett von dir, dass du auch an mich denkst, aber Pellets finde ich nicht sehr schmackhaft, die sind mir zu trocken“, erwiderte diese und legte den Pellet wieder zurück. Sie ging die nächsten Eimer holen und nun traf sie im Stall auf zwei ihrer Mitbewohner, Claire und Antoine. Es war ihr eine große Hilfe, dass sie viele Freunde gefunden hatte, welche zusammen mit ihr die Ranch führten. Alleine würde sie das alles nicht beherbergen, bei acht Pferden. Claire hatte dunkelbraune Haare, blaue Augen und einen humorvollen, aber immer gut gelaunten Charakter. Sie war im Alter von dreißig Jahren und lebte bereits seit ihrer Kindheit mit der gleichaltrigen Nancy. Antoine war ein siebenundzwanzig jähriger Mann mit kurzen schwarzen Haaren. Seine Hilfsbereitschaft und seine ruhige Art ließen ihn noch sympathischer wirken. Er hatte einen leichten grünen Ton in seinen Augen und er war immer bei guter Laune, wie Jenny. Jenny mochte ihn sehr, für sie war er ein besonderer Freund. Außerdem trugen alle Bewohner auf der Ranch einen Cowboyhut, das Markenzeichen der Ranch. „Guten Morgen Claire, guten Morgen Antoine!“, rief Jenny fröhlich, während sie wedelnd mit ihren leeren Eimern ankam. „Guten Morgen Jenny!“, antworteten beide. „Weißt du noch, was wir heute vorhaben?“ Jenny lächelte sie an und antwortete: „Das wissen wir doch bereits seit gestern, Claire. Wie könnte ich es nur vergessen? Wir reiten zu den River Mountains. Ich habe bereits die ganze Nacht daran gedacht.“ Sie machte sich nun daran, ihren zweiten Eimer wieder aufzufüllen, während Claire und Antoine das Gleiche unternahmen. Die River Mountains, lagen ungefähr zwanzig Minuten zu Pferd entfernt. Wie der Name bereits verriet, bestand dieser kleine Ort aus zwei Hügeln und einem Fluss, der durch den River Mountain Wald floss. Es umfasste auch ein Geschichte, dass der See im Mondschein ein ganz besonderes Geheimnis bewahrte. Etwas, wovon nur ausgewählte Personen erfahren durften. Nun fütterten die drei die Pferde und es ging umso schneller. Nacheinander gingen sie in den Stall und füllten die Eimer im Unterstand auf. Als das letzte Pferd zufrieden sein Futter kauen konnte, kamen auch Luigi, Mario, Nancy, Flora und Penny aus dem Haus. Luigi war ein blonder, kurzhaariger, blauäugiger Mann. Er war der Bruder von Mario. Mario hatte dunkle Haare, braun-grüne Augen und war etwas kleiner als Luigi. Beide waren im Alter von fünfundzwanzig Jahren. Jenny hatte sie damals, als sich bereits die Anderen auf dem Hof befanden, gefunden. Beide waren Pfleger auf einer anderen Ranch gewesen, welche jedoch aus wirtschaftlichen Gründen schließen musste. Sie traf die Beiden bei einer Veranstaltung. Dabei gerieten sie in ein Gespräch und sie bot ihnen an, auf ihrer Ranch mitzuhelfen. Mario und Luigi lehnten nicht ab, sie liebten die Arbeit bei den Pferden und durften auf der Ranch leben. Nancy war dreißig Jahre alt, hatte lange rote Haare und braune Augen. Gelegentlich wurde sie jedoch von Claires berüchtigtem Humor überfallen und das machte ihr zu schaffen. Doch sie hatte sich bereits gut daran gewöhnt. Flora befand sich im recht jungen Alter von zwanzig Jahren, blond und sie setzte gerne den Humor, den Claire fabrizierte, fort. Penny war die Jüngste der Bewohner. Sie war ebenfalls blond, hatte grüne Augen, knapp neunzehn Jahre alt und mitunter mochte sie es, sich Liebesfilme anzusehen, so wie nun die jungen Erwachsenen waren.
3
„Ihr habt heute lange geschlafen. Habt ihr gestern noch eine Party veranstaltet?“, rief Claire ihnen zu. „Guten Morgen!“, riefen die anderen Vier zurück. „Nein“, antwortete Flora, „wir haben gestern Abend nur ein bisschen zu lange geredet.“ „Sicherlich“, begann Jenny, „ihr meint wohl, ihr habt euch noch Geschichten erzählt.“ Sie schmunzelte. „Ja, könnte man auch als Geschichtennacht bezeichnen“, bestätigte Nancy. „Da hast wohl recht, Nancyleinchen“, fügte ihre langjährige Freundin noch hinzu. Jenny wechselte das Thema. „Nach dem Frühstück haben wir noch genügend Zeit. Wir können uns in aller Ruhe auf den Weg machen.“ „Ich wüsste auch nicht, was uns in Panik versetzen sollte“, meinte Claire. „Ich weiß einen Grund, denn wir haben keine Brötchen mehr“, bemerkte Penny. „Das letzte habe ich gestern gegessen.“ „Du futterst uns mal wieder alles weg“, mischte sich Flora ein. „Nein, warum sollte ich? Das Brötchen war mit meinem Namen versehen und deshalb hatte ich alles Recht, es auch zu verspeisen“, argumentierte ihre Freundin. „Nachdem ihr euch geeinigt habt, muss jemand von uns nach Valley fahren“, kam Jenny zurück zum Thema. „So eine Tragödie ist das nun auch nicht, sofern wir nicht Stunden dort verbringen sollten.“ Valley war eine knappe halbe Stunde mit dem Auto von dort entfernt. Es war die nächstgelegenste Stadt der Ranch. In Valley gab es viele Geschäfte: Kleider und die neueste Mode, Pferdezubehör, Haushaltswaren, das berühmte Paradise Hotel, einen Bäcker, das große Valley Restaurant, wo es die verschiedensten, leckersten Gerichte gab und ein großes Valley Einkaufszentrum. Man konnte in Valley wunderbar einkaufen gehen. „Ich könnte mit Claire in die Stadt fahren“, setzte sie fort, „ansonsten müssten wir uns zu den Pferden dazugesellen und Müsli essen.“ Penny schüttelte den Kopf. „Also dann esse ich lieber gar nichts“, kommentiere sie und warf ihren Blick zu Claire. „Hm…“ Die gutgelaunte Frau schauspielerte, als würde sie schwer darüber nachdenken. „Ich bin mir nicht sicher, ob es sich nicht eignen würde, einmal etwas Anderes zu essen.“ Penny überkam das Gefühl, dass sie sich vermutlich doch zu den Pferden dazugesellen musste. „Nun mach es nicht so spannend.“ Jenny schubste sie freudig an. „Sonst wird Penny noch ganz übermütig.“ Flora und Penny sahen sich nachdenklich an. Manchmal war ihnen der Humor von ihr noch zu unbegreiflich. Nach einigen Minuten des Wartens sagte sie schließlich: „Lass uns fahren.“ „Wusste ich doch, du wollest uns auch nicht hungern lassen. Penny wäre die letzte gewesen, die einmal Pferd gespielt hätte.“ Sie warf der jungen Bewohnerin einen belustigten Blick zu. „Damit ist geklärt, wer die Brötchen holen fährt“, wand sich Flora zusammenfassend ein. „Wir machen uns sofort auf den Weg, um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln. Dann sehen wir uns nachher.“ Mit diesen Worten gingen beide zum Auto und fuhren los nach Valley, um die Brötchen zu besorgen. Antoine ging zurück in die Küche und machte sich daran, den Tisch für draußen zu decken. Flora, Penny und Nancy unterhielten sich darüber, was sie in den River Mountains unternehmen würden und Mario und Luigi gingen zu den Pferden, um nachzusehen, ob alles in Ordnung war. „Wir hätten ihnen auch sagen können, dass sie uns etwas Süßes mitbringen sollen“, fing die Jüngste an. „Ach Penny, du immer mit deinen Himbeerpfannkuchen“, sagte Nancy etwas seufzend. „Irgendwann isst du noch zu viel davon, dann willst du sie gar nicht mehr sehen. Dir kommt das schon nahe, wie mit Antoine und dem Käse“, begann Flora. Penny mochte Kuchen, Plätzchen und alles, was sonst noch gebacken war. Bei Antoine war es ähnlich. Er mochte alles, was mit Käse zu tun hatte. Die Beiden konnten von ihrer Lieblingsspeise Unmassen verzehren und das war für die Anderen unbeschreiblich. „Ach Penny, hab doch einfach Geduld. Lass dich mal überraschen. Außerdem kannst du froh sein, dass du deinen Hunger nicht an Pferdemüsli stillen musst“, klärte Nancy sie auf. Flora sah derweil, dass Antoine alleine den Tisch deckte und daher fragte sie: „Kommt ihr mit? Wir können Antoine beim Tischdecken helfen.“ Nancy folgte Flora ohne weitere Worte. Penny war jedoch so tief in ihre Gedanken an die Pfannkuchen geraten, dass sie ihnen erst ein paar Minuten später nachging, nachdem sie ihre Umwelt wieder wahrnahm. „Sollen wir dir helfen, Antoine?“, fragte Flora, als sie vor dem Tisch standen. Er breitete die karierte Decke auf dem Tisch aus. „Ihr könnt das Essen aus dem Haus holen. Es steht alles auf dem Küchentisch“, antwortete er. „Nicht alles. Da fehlt noch etwas und das wird bald gebracht“, schäkerte Nancy. „Bis auf die Brötchen natürlich“, fügte er schmunzelnd mit an. So gingen sie los, um das Essen zu holen.
4
Inzwischen hielten sich Jenny und Claire bereits in Valley auf und sie gingen zum Bäcker. Es duftete in dem Laden nach verschiedenen, leckeren Dingen: Brötchen, Vanilleschnecken, Schokoladenkeksen und Pennys bevorzugten Himbeerpfannkuchen. Das Beste daran war, dass die Backwaren täglich frisch waren, man konnte nie etwas vom Vortag erwischen. Es sei denn, man wünschte es ausdrücklich. Als sie an der Theke standen, meinte Claire: „Die Vanilleschnecken sehen schmackhaft aus. Penny und die Anderen würden sich bestimmt darüber freuen.“ Jenny hatte nicht viel Zeit zum Überlegen, sie waren bereits an der Reihe mit ihrer Bestellung. „Guten Tag, Sie wünschen?“, fragte die Bäckerin freundlich. Jenny wusste, dass Claire und auch alle anderen gerne süße Backwaren aßen und daher traf sie eine bedachte Entscheidung: „Wir nehmen acht Brötchen, acht Vanilleschnecken und acht Himbeerpfannkuchen.“ Claire lächelte. „Für Penny nimmst du wohl auch noch etwas mit“, schmunzelte sie. „Natürlich, sonst hätte sie nachher wirklich noch Pferdemüsli gegessen, wenn ich das nicht täte“, lachte die junge Frau. „Das war alles?“, fragte die Verkäuferin. Jenny bejahte, gab ihr das Geld und sie verließen den Laden wieder. „Wenn wir nachher zu den River Mountains reiten, dann können wir uns noch eine Freude mehr machen. Schließlich wollen wir uns auch einen schönen Tag gönnen“, erklärte Jenny. „Sie werden sich bestimmt über deine Entscheidung freuen“, versicherte Claire. Sie liefen die Straße entlang. Ihre Blicke wanderten zu den restlichen Geschäften. „Wir waren bereits seit Ewigkeiten nicht mehr in der Stadt. Sogar das Reitsportgeschäft ist inzwischen neu renoviert worden.“ Jenny zeigte auf das Geschäft, während sie bereits ein Stück hinter sich hatten. Die Beiden gingen zum Schaufenster. Dort stand ein schöner, roter Springsattel. „Dieser sieht prächtig aus“, bewunderte sie. „Wollen wir mal einen Blick in den Laden werfen?“, fragte sie. Der Anblick hatte sie neugierig gemacht, mal kurz zu stöbern. Claire nickte und beide gingen in den neu renovierten Laden. Dieser war zwar klein, doch er wies deutlich viele Dinge auf. Vom alltäglichen Pferdezubehör an Halftern, Sätteln und Trensen, über Stallzubehör, bis hin zu Pferdefutter. „Guten Tag“, eine junge Frau begrüßte sie und kam ihnen entgegen, „suchen Sie etwas Bestimmtes?“, fragte sie freundlich. „Guten Tag“, grüßten sie zurück, „Nein, danke. Wir wollten uns nur umsehen“, lehnte Jenny ab und sie ging mit Claire zu den Sätteln. „Der Sattel sieht nicht nur schön aus, er ist auch sehr gut gemacht“, staunte Claire, während sie ihn genauer betrachtete. „Es ist ein Sundance Star Sattel. Es gibt ihn auch bei dem diesjährigen Turnier zu gewinnen“, erklärte die Verkäuferin. „Hier sehen Sie eine der drei verfügbaren Produktionen.“ Dies machte Jenny nun noch neugieriger. Sie war schon lange nicht mehr auf einem Turnier gewesen. Als sie noch eine Jugendliche war, hatte sie das Letzte bestritten. „Wissen Sie denn, wann das Turnier stattfindet?“, fragte Claire neugierig, bevor sie dies tat. Auch sie war aufmerksam geworden. „Der Termin für das Turnier ist im frühen Sommer. Genauere Angaben sollten bestimmt noch kommen. Schauen Sie sich einfach mal um.“ Jenny sah Claire an. Bis zum Sommer war es nicht mehr weit, es war später Frühling, Mitte Mai. „Das hört sich nicht schlecht an. Wir haben noch nie an einem Turnier teilgenommen“, dachte Jenny. „Einen Versuch wäre es wert.“
5
Inzwischen ist auf der Dream Horse Ranch auch bereits alles vorbereitet. Antoine, Flora, Penny und Nancy haben den Tisch gedeckt und schon das Restliche bereitgestellt. „Ich glaube, jetzt müssten sie auch bald kommen“, vermutete Flora. „Claire und Jenny gehen nicht lange einkaufen.“ „Du sagtest eigentlich“. Sie sind bereits seit einer Stunde weg und ich bekomme langsam Hunger“, murmelte Penny. „Sie kommen schon noch. Jetzt fang bloß nicht an, zu jammern. Ich wette mit dir, dass sie dir auch etwas gegen deinen übergroßen Hunger mitbringen werden“, sagte ihre Freundin streng. „Von was Schönem wohl die Rede sein soll?“, nuschelte diese nun und wand sich wieder ab. Jenny und Claire kamen auch zurück, genau zehn Minuten nach ihrem Gespräch. „Da sind sie auch schon“, flüsterte Penny. Sie stiegen aus und Jenny ging mit dem Brötchenbeutel zum Frühstückstisch. Die Bewohner standen noch davor. „Wir können essen, setzt ihr euch?“ Claire sagte nichts weiter dazu und die Bewohner platzierten sich. Jenny nahm die Brötchen aus dem Beutel und legte sie in den Korb. „Na dann, lasst es uns schmecken“, eröffnete sie das Frühstück. Antoine schnappte sich den Käse, der auf dem Tisch stand. „Aber Antoine“, begann Jenny, als er sich drei Scheiben auf das Brötchen legte, „du sollst nicht so viel Käse essen. Bald werde ich dich nicht mehr wiedererkennen.“ „Wenn es aber so gut schmeckt, kann ich mich nicht beherrschen“, schmatzte Antoine genüsslich. Luigi mischte sich zu dem Thema ein: „Jeder hat seine eigene Art und jeder mag es, sein Essen so zu genießen.“ „Da hat er Recht“, stimmte Antoine ihm zu. Jenny lächelte ihn an. Sie mochte Antoines Art und auch das, was er tat. Doch was sie noch nicht wusste, war, dass er etwas schüchtern ihr gegenüber war. Dies hatte erst begonnen, als sie ihm das Leben auf der Ranch ermöglichte. Er hatte sich in sie verliebt, doch er zeigte ihr dies noch nicht. Sie nahm sich das Glas mit der Marmelade und schmierte sich etwas auf ihr Brötchen. „Wie bist du denn eigentlich hier her gekommen?“, wollte Nancy wissen. „Wie wir hier herkamen, wissen alle bereits.“ „Stimmt, das hast du uns noch gar nicht erzählt“, meldete sich Claire. Jenny schluckte ein Stück von ihrem Brötchen hinunter und fragte: „Ihr wollt das wirklich wissen?“ Selbst Antoine betrachtete sie neugierig und sagte, noch mit einem viertel Brötchen im Mund: „Erzähle es uns doch einmal. Jeder erzählt doch gerne Geschichten.“ Er schluckte sein zerkautes Brötchen herunter. „Vorerst pass du bitte auf, dass du mir nicht an einem Brötchen erstickst, Antoine“, ermahnte sie ihn sanft. „Dazu kommt es nicht, ich werde das rechtzeitig merken“, lächelte er. Jenny begann zu erzählen: „Ursprünglich bin ich in der Stadt aufgewachsen. Meine Mutter lebte mit mir dort. Als wir die Nachricht bekamen, dass meine Oma verstorben war, sind wir auf die Ranch gezogen. Sie hatte dies alles einmal besessen. Ich musste auch eine Entscheidung treffen und habe meine Freunde verlassen. Niemals kam ich auf den Gedanken, ein Leben auf dem Land zu führen. Mein Traum war es, den Tieren zu helfen. Besser gesagt, Tierärztin zu werden.“ Sie warf einen Blick in die Runde. „Allerdings prophezeite mir das Schicksal ein anderes Leben.“ Jenny nahm eine Serviette und wischte sich den Rest der Marmelade von ihrem Mund ab. „Wir lebten ein Jahr über hier, bis meine Mutter mir zwei Pferde schenken wollte. Damals wünschte ich mir sehnlichst ein Pferd. Ich befand mich im Alter von dreizehn Jahren und sollte zu meinem vierzehnten Geburtstag zwei Pferde bekommen. Ich freute mich natürlich sehr, dass meine Mutter das tat.“ Sie legte ihr Messer auf den Teller. „Die Suche war nicht einfach, ganz im Gegenteil. Ich suchte tagelang nach dem richtigen Pferd. Wir unternahmen viele Ausflüge zu verschiedenen Pferden. Bei keinem der Tiere spürte ich, wie ich eine Verbindung zu ihm aufbauen könnte. Kurz vor dem Ende, hätte ich beinahe eine Hannoveraner Stute bekommen, doch dann stellte sich heraus, dass sie bereits sehr krank war. Das Schicksal der Stute tat mir natürlich auch sehr leid, aber meine Mutter wollte mir ein gesundes Tier kaufen und kein Krankes.“ Jenny machte eine kurze Pause. „Nachdem einige Zeit vergangen war, entdeckten wir einen Fohlenhof und machten uns auf den Weg. Dort befanden sich hauptsächlich junge Pferde, im Alter von ungefähr ein bis vier Jahren. Der Moment kam, als ich damals Stella auf der Weide sah und meine Gedanken verrieten mir, dass ich es mit ihr probieren sollte. Ich kannte diese Rasse noch nicht, es war eine Neuzüchtung gewesen. Die alte Leiterin des Hofes führte uns zu den Pferden und ließ mich auf die Weide gehen. Erst dann nahm ich es wahr, dass sich eine wunderschöne Schimmelstute neben Stella präsentierte. Zuerst ging ich jedoch zu Stella und ich merke, dass sie das richtige Pferd für mich war. Ich sah in ihre Augen und erkannte es. Ihr Blick traf mich ins Herz. Auch bei Honey merkte ich es. Es war schön, als sie noch kleine Fohlen waren. Besonders diese Momente sind wahre Erinnerungen.“ Jenny sah lächelnd zu den beiden Pferden, welche sich nun an den leeren Futtereimern beschäftigten. „Bereits ein paar Minuten später, lud ich die Jungtiere in den Pferdeanhänger und wir machten uns mit ihnen auf den Weg zum Hof. Es war ein wunderbares Gefühl. Endlich hatte sich mein Traum erfüllt und ich war meiner Mutter so dankbar. Während der Fahrt konnte ich noch kaum stillsitzen, so aufgeregt war ich.“ In ihren Augen konnte man auch jetzt Freude sehen. „Unterwegs gerieten wir jedoch in ein Unwetter. Es fing auf die Sekunde an, zu regnen und der Donner grollte.“ Sie schloss die Augen. „Ich sehe es noch vor mir. Es war ein schlimmes Unwetter, welches wir bereits seit langer Zeit nicht mehr hatten. Laut Wetterprognose sollte es kein Unwetter geben. Der Regen wurde immer stärker, meine Mutter musste langsamer fahren. Dann“, Jenny öffnete die Augen, „passierte das Unerwartete. Meine Mutter geriet mit dem Wagen ins Rutschen. Sie konnte die Straße nicht mehr erkennen.“ Sie holte Luft und sah zur Weide. Es war schwer für sie, von diesem Erlebnis zu berichten und dies erkannten die Bewohner ebenfalls. „Sie fuhr geradewegs auf einen Baum zu-“ Sie fand ihre Worte nicht und verstummte. „So etwas erlebt zu haben, macht es nur noch schwieriger, es später zu erzählen.“ Antoine sah sie mitfühlend an. Er konnte es nachvollziehen. Jenny erzählte nun langsam wieder weiter: „Ich zitterte und wollte mit meiner Mutter sprechen, doch sie brachte keinen Ton hervor. Weshalb hatte sie daran glauben müssen und verlor ihr Leben? Schweren Herzens musste ich aussteigen und die verschrecken Pferde ausladen.“ Sie sah zu Stella und Honey. „Eine Sekunde später, nachdem auch Honey ausgeladen war, rief ich einen Krankenwagen. Dieser kam, doch meine Mutter blieb reglos.“ Sie sagte für einen Augenblick nichts. „Die Sanitäter wollten mich mitnehmen, doch ich verweigerte und machte mich mit meinen Tieren auf den Weg. Bis heute kann ich nicht nachvollziehen, was geschehen ist und warum weder die Pferde noch ich keine Verletzung erlitten haben.“ Sie sah ihre Mitbewohner wieder an. „In manchen Situationen spricht man von Schutzengeln“, sagte Claire vorsichtig. Jenny lächelte lediglich. „Alles war auf einmal anders. Nach manchen Erlebnissen, sieht man sein Leben aus einer anderen Perspektive. Ich stand nun da, mit den beiden Pferden und weinte. Meine Mutter sah ich nie wieder. Nun konnte ich nichts daran ändern, nur mich schweigsam in dem Regen mit Stella und Honey auf den Heimweg machen. Auf dem Weg dorthin, spürte ich einen großen Schmerz. Selbst der Gedanke an mein zukünftiges Leben ließ nichts daran ändern. Meine letzte Hoffnung bestand darin, dass dies nur ein Traum sei. Ich lief zweieinhalbstunden, die Erschöpfung ignorierte ich und als ich hier angelangt war, tat ich nichts mehr, außer die Pferde auf den Platz zu bringen und mich in mein Bett zu legen. Ich wusste auch nicht mehr, wie es weitergehen sollte. Es war ein Albtraum für mich und dieser war zur Realität geworden. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, warf ich einen Blick aus dem Fenster. Ich sah die beiden Fohlen und meine Mutter war verschwunden. Erneut stiegen die Tränen in mir auf. Mein Leben würde sich ändern, aber es würde nicht sein Ende finden. Ich musste mich schweren Herzens daran gewöhnen.“ Jenny hob den Kopf. „Seitdem lebe ich hier mit den Pferden.“
6
Die Anderen waren wie versteinert über ihre Vergangenheit. Jenny war mit ihrer Geschichte noch nicht am Ende, langsam fuhr sie fort: „Fünf Jahre später bekam ich einen Anruf von dem Hof, an dem ich Stella und Honey fand. Die ehemalige Leiterin war nun verstorben und sie hatte ihrem Bruder die gesamten Pferde überlassen. Doch ihr Bruder war zu unerfahren, um sie zu pflegen. Nun hatte er in ihren Aufzeichnungen meine Daten gefunden. Durch guten Kontakt bat er mich, die Pferde zu nehmen. Da er so hilflos schien, lehnte ich nicht ab und er brachte mir am Nachmittag alle Pferde vorbei, die er samt Pferdehänger und Zubehör besaß. Ich tat es, weil ich die Pferde mochte, auch wenn es sehr viel Arbeit bedeutete. Ich wollte, dass sie noch ein gutes Leben bei mir hatten. Das waren Wonder, Melody, Dreamer, Beauty, Sunny und Sunshine. Ich habe sie ausgebildet und mich ihnen liebevoll zugewandt. Es lief bei allen sehr gut mit der Ausbildung, manchmal dauerte es länger, manchmal klappte es auch sehr schnell. Das war von Pferd zu Pferd unterschiedlich. Wonder war zu Anfang noch etwas stürmisch, Melody wollte nicht lernen, aber mit ein paar Leckerlies konnte ich sie überzeugen und die anderen waren von der ruhigeren Sorte. Durch die Arbeit mit den Tieren konnte ich vieles lernen und es war auch schön, ihre Charaktere kennen zu lernen. Nebenbei fiel es mir auch leichter, alles zu verarbeiten. Auch wenn schon einige Zeit vergangen war.“ Sie drehte sich noch einmal zu ihren Tieren um. Anschließend vollendete sie ihre Geschichte. „Danach kamt auch schon ihr.“ Niemand sagte etwas, alle waren zu betroffen, dass ihre Leiterin so eine tragische Geschichte hinter sich hatte. „Das tut uns leid, dass du das erleben musstest“, begann Antoine. „Niemand hat so ein Schicksal verdient. Er merkte, wie schwer sie es hatte, ihnen davon zu erzählen und dabei vergaß er für diesen Moment vollkommen seine Schüchternheit ihr gegenüber. „Es war auch eine schlimme Zeit, aber ich konnte nichts daran ändern“, antwortete sie. „Ich musste es überstehen. Ganz egal, wie hart es auch war. Meine Mutter hätte dies auch so gewollt.“ Jenny wollte sich aber nicht so lange mit dem Thema aufhalten. Inzwischen waren alle fertig mit dem Frühstück. „Am besten ist es, wir satteln jetzt die Pferde. Je früher wir aufbrechen, desto länger können wir uns in den River Mountains aufhalten.“ Daraufhin stimmten ihr alle zu. Langsam verblasste auch der Gedanke an ihre schlimme Vergangenheit und die Bewohner freuten sich wieder auf ihren Erholungstag. „Dann räume ich noch schnell alles ein“, begann Antoine und nun schafften es seine Gefühle, sie um etwas zu bitten: „Jenny, du kannst mir auch bei dem Picknickkorb helfen.“ Diese schien sich über seine Aufforderung zu freuen und antwortete: „Ich könnte dir nie widersprechen.“ Nun machten sich alle auf den Weg ins Haus, um die notwendigsten Dinge einzupacken. Jeder hatte in seinem Rucksack ein Halfter, einen Führstrick, eine Trinkflasche und was er anderes Wichtiges benötigte. In der Küche beschäftigten sich Jenny und Antoine nun mit dem Picknickkorb, nachdem sie den Tisch abgeräumt hatten. „Nun müsste alles beisammen sein“, überlegte sie. „Jetzt fehlt nur noch-“ In diesem Moment fand Antoine auch schon das, wonach sie suchte. „Sind es die Himbeerpfannkuchen, die du suchst?“, fragte er sie und reichte ihr die Tüte. „Genau, die Himbeerpfannkuchen. Danke Antoine, ich habe diese schon fast vergessen.“ Sie packte sie noch schnell dazu und schloss den Korb. „Jetzt ist der Korb fertig“, verkündete sie ihm. „Dann haben wir auch dafür gesorgt.“ Sie schenkte ihm ein Lächeln und Antoine verlor dabei die Sprache. Verliebt sein, zeigte sich auch bei ihm. Da er etwas seltsam blickte und nichts hervorbrachte, fragte Jenny ihn: „Ist alles in Ordnung, Antoine?“ Der Verliebte antwortete ihr mit einem Lächeln: „Ja, ja … es ist alles in Ordnung.“ In diesem Moment kamen auch die Anderen mit ihren gepackten Sachen hinunter. „Wir sollten uns auf den Weg machen. Wir müssen nur noch die Pferde holen“, sagte sie nun. Antoine holte einmal tief Luft, während Jenny voranschritt. „Warum habe ich mich nur so seltsam ihr gegenüber? Es ist nicht einfach. Wenn ich ihr Lächeln sehe, dann verliere ich meine Worte“, dachte er sich. Derweil begann Claire wieder, für Unterhaltung zu sorgen: „Nancy, hast du auch ja deinen Rucksack gepackt?“, fragte sie ihre Freundin, als sei sie ihre Tochter. Nancy sah sie an: „Natürlich habe ich das, Claire. Du musst dich nicht danach erkunden.“ Ihre Freundin fand allerdings ein anderes Argument: „Ich muss mich danach erkunden, weil ich sehe, dass dein Rucksack nicht hier ist oder läuft er zufällig nur vor mir weg?“ Nancy verdrehte die Augen, doch darauf merkte sie, dass ihr Rucksack sich tatsächlich nicht an Ort und Stelle befand. Anscheint hatte sie ihn in ihrem Zimmer vergessen. Schnell ging sie die Treppe hinauf, bevor Claire noch etwas dazu beitragen konnte. „Wusste ich es doch“, murmelte diese und grinste. Die anderen Ranch Bewohner nahmen ihre Rucksäcke und holten bereits die Tiere vom Platz. Claire und Nancy erreichten sie einen Moment später. Die Pferde galoppierten zu ihnen, als wenn diese bereits ahnten, dass sie heute etwas Besonderes vorhatten. Ihre Besitzerin besaß hauptsächlich Pferde der Rasse Dream Horse. Diese Pferde waren eine sehr gutmütige Rasse. Ihr besonderes Merkmal waren die Gangarten. Sie waren besonders ruhig und waren sehr gute Spring- und Westernpferde mit viel Ausdauer und Tempo. Jenny holte Stella, die Dream Horse Stute, Antoine holte Wonder, einen Rappen Hengst mit weißer Mähne und weißem Schweif, Claire holte Sunshine, einen Fuchshengst, Nancy holte Dreamer, einen Fuchshengst, Flora holte Honey, eine Schimmel Stute, Penny holte Melody, eine braungescheckte Stute, Luigi holte Sunny, eine fuchsgescheckte Stute und Mario holte Beauty, einen Rappen.